01.11.02:
Umzug Heute
ziehe ich um. Raus aus dem langweiligen Valley – ab nach Hollywood. Dem
braucht man nichts hinzuzufügen. Obwohl: Einige Mitmenschen rümpften
erst skeptisch die Nase, als ich ihnen von meiner Wahl des Wohnsitzes
berichtete. Denn viele verbinden mit Hollywood nur die Vergnügungsmeile mit
Touristen, Bars, Clubs, allerhand dunklen Ecken und üblen Straßen. Nur wenig
ab davon, am Rand der Hollywood-Hills sieht’s aber gleich ganz anders aus.
Meine Straße ähnelt mehr Harvestehude als St.Pauli. Ganz gepflegt, ganz viel
grün. Vor dem Haus stehen, glaub‘ ich, die höchsten Palmen der Welt. Als
ich um kurz nach 10 ankomme, ist die Hausmanagerin schon da, übergibt mir einen
Haufen Schlüssel und wünscht mir viel Spass. Sehr unkompliziert. Kurz darauf
passiert das Unglaubliche: Der Container mit meinen Sachen kommt an. Ich
hab‘ mein ganzes Gelumpe aus Braunschweig wieder. Nichts fehlt, nichts ist
kaputtgegangen. Wie schön! Während die beiden Umzugsmenschen den ganzen Kram
‘reintragen (‚May I help you?‘ – ‚No, we are here to make you happy.‘),
mache ich erste Bekanntschaft mit einigen Hausbewohnern: vier Mädchen und ein
Kerl. Alle mein Alter oder jünger und alle arbeitslos, d.h. permanent auf der
Suche nach einem Job im (Entertainment)-Business. Offenbar trifft man sich
werktags morgens um halb elf völlig verpennt oder verkatert in dem kleinen
Garten am Springbrunnen. Schade, dass ich als einziger in Lohn und Brot dem in
Zukunft nicht beiwohnen kann. Mein
Appartment ist ein Traum. Viel größer als bei der ersten Besichtigung
wahrgenommen und ausgestattet mit einer unglaublichen Anzahl von eingebauten
Schränken. Mehrere davon begehbar. In Windeseile ist also mein ganzes Zeug
verstaut, übrig bleiben nur Sofa, Bett, Tisch und Stuhl. Mmhh – recht leer
das Ganze. Betont verschwenderisch platziere ich Fahrräder, Surfbretter und
mein Snowboard im Wohnzimmer. Es gibt Stuck und Dielenboden, uralte
Fenster mit verbeulten Ungeziefer-Gittern davor und wieder einen Riesenkühlschrank
sowie einen Monster-Gas-Herd. Als ich aus Versehen zum ersten Mal den
elektrischen Hacker im Abfluss unter der Spüle auslöse, erschrecke ich mich zu
Tode. Mein
Domizil liegt absolut zentral. Ab jetzt kann ich alles in Hollywood und Beverly
Hills zu Fuss oder mit dem Fahrrad erreichen. Letzteres wird sofort aktiviert.
Obwohl bei der ersten Erkundungsausfahrt sich ein Reifen plättet und eine
Pedale den Dienst quittiert, werde ich dreimal auf mein altes Schrottrad
angesprochen (‚Nice bike. Do you want to sell it?‘). Nach erfolgreicher
Reparatur komme ich ausgesprochen gut voran. Schon nach kurzer Zeit erblick ich
die fetten, weißen Buchstaben - auf den Berg aufgeklebt wie ein
Helly-Hansen-Schriftzug auf der Daunenjacke. Wenn‘s
einem auf der Straße zu heikel wird, ist der Fußweg bestens geeignet. Die
wenigen Passanten machen alle Platz. Nachts hab‘ ich den berühmten Walk of
Fame für mich alleine und rase auf meinem Nachhauseweg über die 2500
eingelassenen Sterne. Für
Samstag ist eigentlich ein Großeinkauf im Ralphs geplant. Wegen absolutem
Traumwetter wird aber nur das allernötigste besorgt – Einkaufen kann man auch
nachts. Jetzt, wo ich endlich mein Surfbrett hab‘, muss ich an den Beach. Der
Weg wiederum ist weit und die Wellen sind heute nur mäßig. Egal, für den
Anfang reicht’s. Mit Neopren ist die Wassertemperatur erträglich. Zu meiner
Begeisterung krieg ich sogar ein paar Wellen. Die Surf-Saison beginnt im
November. |
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